Ich GEHÖR dazu
„Success is always the outcome of teamwork”: ein fest verankerter Zeppelin-Wert. Uns ist es wichtig, dass sich alle verstehen – im wahrsten Sinne des Wortes! Wie gut das selbst ohne Hörsinn klappt, verrät euch heute unsre Marlene.
Der letzte Sonntag im September, offizieller Tag der Gehörlosen. Immer noch sehen sich Betroffene mit Unwissen und Vorurteilen konfrontiert. Wir haben das Glück, eine echte Expertin bei uns zu haben, die weiß, wie man damit aufräumt! Unser Tourismus Consultant Marlene ist ohne Hörsinn geboren. Doch wer glaubt, sie sei deshalb „anders“, irrt gewaltig! Die lebensfrohe junge Frau war ein Ass im Orientierungslauf, mag Wanderabenteuer ebenso wie Kreativsein und trampt mit dem Rucksack durch Thailand. Werft selbst einen Blick auf unser Interview – ihr werdet überrascht sein!
Wie kommunizierst du mit deinen Kollegen im Büro und wie privat mit Familie und Freunden?
Erstmal ist es wichtig zu wissen, dass ich NICHT taubstumm, sondern GEHÖRLOS bin, auch wenn das manche verwechseln. Das Problem ist, dass Menschen zu wenig über das Thema Bescheid wissen und allgemein das Wort „taubstumm” gebrauchen.
Meine hörenden Kollegen, Eltern und mein Bruder reden mit mir in Lautsprache. Ich verstehe sie nicht aufgrund der Lautstärke, sondern beobachte die Lippenbewegungen. Es hilft mir, wenn sie möglichst kurze und einfache Sätze verwenden. Mit meinen gehörlosen Freunden und meiner Schwester unterhalte ich mich in der gesprochenen Gebärdensprache – ohne Anstrengung und Barrieren. Wir kommunizieren mit den Händen in Kombination mit der Stimme oder auch nicht. Wie im Mündlichen gibt es verschiedene Dialekte und eigene Regeln für die Satzstellung und Grammatik
Wann bereitet es dir Schwierigkeiten, nichts zu hören?
(überrascht) Die Frage wäre für mich richtig, wenn man statt „hören“ „kommunizieren“ sagen würde. Ich bin seit der Geburt gehörlos und vermisse es deshalb nicht. Ich lebe in Stille. Im Alltag gibt es für mich manchmal Barrieren. Es ist zum Beispiel schwierig, wenn Büros oder Mitarbeiter von der Post nur telefonisch erreichbar sind. Ich muss immer gleich allen sagen, dass ich gehörlos bin und dass sie bitte deutlich sprechen sollen. Viele erschrecken sich und brechen das Gespräch ab. Oft benutze ich meinen Zeigefinger, um auf etwas hinzuweisen oder schreibe Dinge auf. Schreien verzerrt die Mundbewegungen, Körperhaltung, Mimik und Gestik helfen mir hingegen beim Verstehen. Auch Hörgeräte sind nützlich, um Geräusche zu erkennen, Schwerhörigen helfen sie beim Verstehen der Sprache
Es gibt aber bestimmt auch gute Seiten!
(lächelt) Ihr wisst sicher, dass jeder mal Ruhe braucht, einen Moment der absoluten Stille. Zum Glück kann ich meine Geräte abschalten und muss mich nicht mit Lärm, lauten Telefongesprächen, störender Musik oder Ähnlichem plagen.
Stimmt. Ich mag Tanzen. Es tut mir gut, mich frei nach Gefühl zu bewegen. Diese Art der Stille mit Beat, Bass und Vibration kann ich fühlen.
Hast du ein Lieblingslied?
Ob ich ein Lieblingslied habe? Nein, aber das heißt nicht, dass ich keines mag. Ich kann nur mit sprachlicher Musik nichts anfangen.
Wie funktioniert das eigentlich im Alltag mit Klingel, Telefon, Wecker und Co.?
Es gibt Vibrationswecker, auch Lampen- oder Blitzwecker. Das Türklingelsignal wird in der Wohnung durch Blitzempfänger oder Lampen ersetzt. Beim Fernsehen verwenden wir „Augenmenschen“ die Untertitel als Verstehenshilfe.
Man sagt, es ist schön, am Morgen Vogelzwitschern zu hören. Viele denken, von einer guten Fee würde ich es mir wünschen, hören zu können. Ganz im Gegenteil: Ich wünsche mir nur Gesundheit und Glück. Ich könnte ja genauso gut also männlicher Fisch geboren worden sein! (lacht)
Begegnet euren gehörlosen Mitmenschen nicht mit Mitleid, sondern mit natürlichem Respekt und mehr Empathie. Ihr helft uns, wenn ihr im Einzelgespräch langsam, sehr deutlich, dialektfrei und mit normaler Lautstärke sprecht. Mir sind auch der Augenkontakt und die Körpersprache sehr wichtig.
Wer nicht hört, der …
…verliert nichts. Das Leben hat dieselbe Qualität und es gibt viele kulturelle Gemeinsamkeiten zwischen Gehörlosen und Hörenden, auch wenn die „Kultur“ der Gehörlosen Eigenheiten hat. Jeder ist anders und hat ein Recht auf Förderung!